Part 01
I.
Der Rechtsanwalt Utterson hatte ein strenges, von tiefen Falten durchfurchtes Gesicht, das nie durch ein Lächeln erheitert wurde, kalt, kurz und verlegen in seiner Unterhaltung, zurückhaltend im Ausdruck seiner Gefühle; lang, dürr und schwermütig war er – und doch konnte man nicht umhin, den Mann lieb zu haben.
Unter alten Freunden, nach einem guten Diner, wenn der Wein ihm besonders schmeckte, strahlte etwas unbeschreiblich Liebevolles aus seinen Augen, etwas, dem er in seiner Rede nie Ausdruck zu geben vermochte, aber das sich oft und laut in seinen Handlungen aussprach. Er war streng mit sich selbst; wenn er allein war, trank er gewöhnlichen Gin, um seine Vorliebe für gute Weine abzutöten. Er war ein großer Verehrer des Dramas, doch hatte er seit zwanzig Jahren kein Theater besucht. Er hatte aber grundsätzlich eine große Duldsamkeit für die Schwächen anderer; er schien fast mit Neid das Ueberfließen von Temperament zu bewundern, das die Ursache ihrer Untaten war, und in allen Fällen war er geneigt, lieber zu helfen, als zu tadeln. »Ich folge Kains gottloser Ketzerei,« pflegte er in seiner eigentümlichen Weise zu sagen, »und lasse meinen Bruder seinen eigenen Weg zum Teufel gehen.« Daher kam es denn auch häufig, daß er die letzte und einzige anständige Bekanntschaft von verkommenen Menschen war; und diesen gegenüber bezeigte er, wenn sie ihn besuchten, auch nie die geringste Veränderung in seinem Wesen. –
Dies konnte übrigens Herrn Utterson nicht schwer fallen, da er ja überhaupt sehr zurückhaltend war; selbst seine Freunde schienen nach dem Prinzip der allgemeinen Nachsicht gewählt zu sein. Es waren dies hauptsächlich Verwandte, oder Leute, die er viele Jahre gekannt hatte; seine Zuneigung war eine Frucht der Zeit, nicht einer besonderen Seelenverwandtschaft. Eine solche Freundschaft verband ihn seit Jahren mit seinem entfernten und jüngeren Verwandten, Richard Enfield, einem Lebemann im besten Sinne des Wortes. Es war für viele ein unerklärliches Rätsel, was diese beiden miteinander gemein haben konnten. Man begegnete ihnen häufig auf ihren Sonntagsspaziergängen, und es fiel jedem auf, daß sie nie miteinander sprachen, daß sie ganz besonders trostlos und gelangweilt aussahen, und daß beide mit unverkennbarer Erleichterung das zufällige Begegnen eines Freundes begrüßten. Trotzdem hielten die beiden Männer sehr viel auf diese Spaziergänge, die sie als das größte Vergnügen der ganzen Woche betrachteten, und denen sie andere Zerstreuungen und sogar geschäftliche Angelegenheiten gern opferten.
Eines Tages kamen sie auf einer dieser Wanderungen durch eine kleine Nebenstraße in einem sehr lebhaften Viertel der Stadt, in welcher während der Wochentage rege Geschäfte betrieben wurden. Die Bewohner schienen alle wohlhabende Leute zu sein. Die Schaufenster der Läden waren geschmackvoll, man möchte sagen kokett hergerichtet und schienen die Vorübergehenden wie lächelnde Ladenmädchen zum Kauf aufzufordern. Selbst Sonntags, wenn der Prunk der Ladenfenster verhüllt, und die Straße verhältnismäßig ruhig war, glänzte sie im Vergleich mit der unsauberen Umgebung wie ein Feuer im Walde. Die neu gemalten Türen und Fensterrahmen, die glänzend polierten Messingknöpfe und Klinken der Haustüren, die allgemeine Reinlichkeit und Freundlichkeit mußten jedermann anziehen und gefallen.
Zwei Häuser weit von der linken Ecke wurde diese Reihe von hübschen Häusern durch eine Sackgasse unterbrochen. Gerade an dieser Stelle stand ein unheimlich aussehendes Gebäude, das seinen Giebel frech und drohend in die Straße hinausstreckte. Es war ein niedriges Haus, ohne Fenster. Die schmutzigen Mauern, die enge Tür, an der Wind und Wetter die Oelfarbe größtenteils abgebröckelt hatten, und die weder Klingel noch Klinke zeigte, waren Zeugen langer, knausriger Vernachlässigung. Bettler und Vagabunden fanden in der Vertiefung ein Obdach gegen Regen und Sturm; die Schuljungen hatten ihre Namen mit allerlei Verzierungen in die Felder der Tür geschnitten; niemand in der Straße erinnerte sich, dieselbe je offen gesehen zu haben.
Herr Enfield und der Advokat gingen auf der rechten Seite der Straße. Als sie gerade der unheimlichen Tür gegenüber waren, deutete der erstere mit seinem Spazierstock auf dieselbe.
»Hast du jemals diese Tür bemerkt?« fragte er seinen Freund, und als dieser eine bejahende Bewegung machte, fuhr er fort: »Ich habe einmal eine ganz seltsame Geschichte hier erlebt.«
»Wirklich?« sagte Utterson mit einer kaum bemerkbaren Veränderung der Stimme. »Was war es denn?«
»An einem kalten, dunklen Wintermorgen, – es mochte vielleicht drei Uhr sein – führte mich mein Heimweg von einem entfernten Stadtteile durch ein Labyrinth von engen Straßen, in denen absolut weiter nichts zu sehen war, als die Laternen. Ich durchwanderte eine Straße nach der anderen, alle hell erleuchtet, als ob man eine Prozession erwartete, aber leer wie eine Kirche. Ich wurde ganz nervös; ich horchte und horchte – kein Laut. Ich hätte alles darum gegeben, wenn ich nur einen Polizisten gesehen hätte! Plötzlich bemerkte ich nicht weit von mir zwei Gestalten: einen kleinen Mann, der schnellen Schrittes nach dem östlichen Teile der Stadt ging, und ein kleines Mädchen von acht bis zehn Jahren, das, so schnell es konnte, eine der Querstraßen hinablief. An der Ecke stießen die beiden heftig gegeneinander; und nun kommt das Gräßliche der Geschichte: der Mann trampelte ruhig über den Körper des hingefallenen Kindes hinweg, ohne sich im geringsten um das Geschrei desselben zu bekümmern. Das scheint gar nicht so schlimm, wenn man es so hört, aber, ich versichere dich, es war grauenhaft mit anzusehen, es lag etwas Dämonisches, unbeschreiblich Brutales darin. Ich lief dem Kerl nach, der sich indes durchaus nicht zu beeilen schien. Ich hielt ihn beim Kragen und führte ihn dahin zurück, wo das Kind lag, um das sich auch bereits eine kleine Gruppe von Menschen gebildet hatte. Es waren die Angehörigen des kleinen Mädchens, und ziemlich bald erschien auch ein Arzt, zu dem das Kind vorhin geschickt worden war. Er erklärte, das Kind sei nicht verletzt; der ausgestandene Schreck und die Furcht seien das Schlimmste, was ihm zugestoßen wäre. Damit war aber die Geschichte noch nicht vorbei. Der Täter war vollständig gefaßt und leistete nicht den geringsten Widerstand; aber mich sah er an, mit einem Blick so teuflisch, so gehässig, daß mir der kalte Schweiß auf die Stirne trat. Vom ersten Augenblick an flößte er mir ein Gefühl von Grauen ein, wie ich es noch nie empfunden. Er machte selbstverständlich denselben Eindruck auf die Familie des Kindes. Was mir jedoch am meisten auffiel, war das sonderbare Benehmen des Doktors. Es war einer von jenen alltäglichen, unbekannten Aerzten, wie man sie zu Hunderten in den großen Städten findet. Er sprach mit einem starken schottischen Akzent und schien ungefähr ebensoviel Gefühl zu besitzen, wie eine Sphinx. Aber so oft er unseren Gefangenen ansah, nahm sein Gesicht einen Ausdruck an, als wollte er dem Kerl an die Kehle springen und ihn erwürgen. Ich wußte, was in ihm vorging; und er wußte, was ich empfand. Wir konnten den Elenden nicht totschlagen, aber wir wollten ihn doch bestrafen. Wir sagten ihm, wir würden die Geschichte durch die ganze Stadt bekannt machen, so daß er sich nicht mehr vor anständigen Leuten sehen lassen könne. Wenn er irgend welche Freunde besäße, wenn ihm irgend jemand bisher Vertrauen geschenkt hätte, so würden wir schon dafür sorgen, daß er all dieses einbüßen sollte. Ich hatte die größte Mühe, die Weiber, die sich unterdessen versammelt hatten, von ihm fernzuhalten – sie rasten gegen ihn wie Furien. In meinem Leben habe ich nie Gesichter so voll von Haß und Abscheu gesehen. Und der Mann stand in der Mitte: ruhig, finster und höhnisch. Es war ihm wohl auch bange, das konnte ich merken, aber er zeigte es nicht; er stand da, kalt und trotzig wie ein Satan. »Wenn ihr Geld aus diesem Unfall schlagen wollt,« sagte er endlich, »so fordert! Ich muß tun, was ihr verlangt. Als Gentleman wünsche ich jeden öffentlichen Skandal zu vermeiden, also nennt die Summe!« Wir verlangten hundert Pfund Sterling zum Besten der armen Familie. Anfangs schien es, als wollte er sich sträuben, aber er mochte uns wohl ansehen, daß wir Ernst machten und nicht mit uns handeln ließen. Wie sollten wir indessen das Geld bekommen? Was glaubst du, was nun geschah? Er führte uns dort vor jene Tür, nahm einen Schlüssel aus der Tasche, öffnete sie und verschwand. Nach wenigen Minuten kam er zurück mit zehn Pfund in Gold und einem Scheck auf Coutts, mit einer Unterschrift versehen, die mich in unbeschreibliches Erstaunen versetzte. Ich kann dir den Namen nicht nennen, obgleich dies wohl das seltsamste an der Geschichte ist. Ich will dir nur sagen, daß es ein Name ist, den man oft hört und oft liest. Der Betrag des Schecks war ziemlich hoch, aber die Unterschrift – ihre Echtheit vorausgesetzt – war gut selbst für einen weit höheren Betrag. Ich erlaubte mir, diesem merkwürdigen Herrn anzudeuten, im gewöhnlichen Leben käme es nicht gerade alle Tage vor, daß ein Mann um vier Uhr morgens in einem Keller verschwinde und wenige Minuten darauf mit einem Scheck, von einem andern unterschrieben, erscheine. Er blieb kalt und höhnisch wie zuvor. »Beunruhigen Sie sich nicht,« sagte er, »ich werde bei Ihnen bleiben, bis die Bank geöffnet wird, und bei der Einlösung des Schecks zugegen sein.« Wir waren damit zufrieden. Der Doktor, der Vater des Kindes, der Uebeltäter selbst und ich gingen nach meiner Wohnung, wo wir bis zum Morgen warteten. Nach dem Frühstück gingen wir miteinander nach der Bank. Ich händigte selbst den Scheck ein, unterließ es jedoch nicht, zu bemerken, daß ich alle Ursache habe, zu vermuten, daß die Unterschrift gefälscht sei. Wir hatten uns alle geirrt, der Scheck war gut und wurde bezahlt.«
»Wirklich?« sagte Herr Utterson.
»Du denkst darüber wie ich,« sagte Enfield, »es ist eine böse Geschichte. Niemand sollte mit einem solchen Schurken etwas zu tun haben. Und der Mann, der den Scheck gezogen hat, bekleidet eine hohe gesellschaftliche Stellung, ist eine Berühmtheit in seinem Fache und, was das schlimmste ist, gilt für einen von jenen Herren, von denen man sagt, daß sie ›viel Gutes‹ tun. Doch es ist vielleicht die alte Geschichte: Gelderpressung! Ein anständiger Mann, der jetzt für eine kleine Jugendsünde teuer bezahlen muß; obgleich selbst diese Annahme noch lange nicht alles aufklärt.«
Nach diesen Worten verfiel Herr Enfield in ein tiefes Nachdenken.
Aus diesem wurde er von Utterson erweckt, der in etwas hastiger Weise fragte:
»Weißt du vielleicht, ob der Mann, der den Scheck unterschrieben hat, dort wohnt?«
»Das ist nicht sehr wahrscheinlich,« sagte Herr Enfield, »aber ich habe mir seine Adresse gemerkt, er wohnt in einem der großen Squares.«
»Und hast du jemals irgend welche Erkundigungen über ... jenes rätselhafte Haus eingezogen?« fragte Herr Utterson.
»Nein, Utterson,« war die Antwort. »Ich hatte eine unerklärliche Abneigung, tiefer in die Geschichte einzudringen. Ueberhaupt, ich stöbere nicht gern in anderer Leute Angelegenheiten. Versuche es nur einmal, ein Geheimnis ans Tageslicht zu bringen. Wer eine Frage stellt, der schleudert sozusagen einen Stein, man weiß nicht, wo er hinfliegt und wen er trifft. Man sitzt ruhig auf einem Hügel, stößt einen Stein mit dem Fuße herab – er rollt und rollt, nimmt andere Steine mit sich und trifft jemand, an den man gar nicht gedacht hat, und eine Familie ist entehrt. Nein, Utterson, ich habe es mir zum Grundsatz gemacht: Je verdächtiger und seltsamer mir eine Geschichte erscheint, desto weniger bekümmere ich mich darum.«
»Ein ausgezeichneter Grundsatz, Enfield,« sagte der Advokat.
»Ich habe mir aber selber das Haus und die Umgebung genau angesehen,« fuhr Herr Enfield fort. »Man kann es kaum ein Haus nennen. Es hat nur die eine Tür, und die wird sehr selten geöffnet. Niemand geht ein und aus mit Ausnahme des unheimlichen Helden meines nächtlichen Abenteuers. Hinten sind drei Fenster im ersten Stock, die nach dem Hofe gehen. Sie sind stets geschlossen, aber reinlich gehalten. Ich sehe auch häufig Rauch aus dem Schornstein steigen, es muß also jemand dort wohnen. Ich bin jedoch meiner Sache nicht ganz sicher, denn die Häuser sind so dicht aneinander gedrängt, daß es schwer zu sagen ist, wo das eine aufhört und das andere anfängt.«
Die Freunde gingen eine Zeitlang stillschweigend weiter.
»Enfield,« sagte Herr Utterson plötzlich, »das ist ein ausgezeichneter Grundsatz.«
»Ja, ich glaube es auch,« erwiderte Enfield.
»Doch,« fuhr der Advokat fort, »möchte ich eine Frage an dich stellen: Wie heißt der Mann, der das kleine Mädchen niedergetreten hat?«
»Ich sehe keinen Grund,« sagte Enfield, »dir das zu verheimlichen; sein Name ist Hyde.«
»Hm,« sagte Herr Utterson. »Wie sieht er denn aus?«
»Das ist wirklich schwer zu beschreiben. Es ist etwas ganz Befremdliches in seiner Erscheinung – etwas Unheimliches, Furchtbares. Er muß verwachsen sein – wenigstens macht er den Eindruck – man kann aber nicht sehen, wo. Er ist ein merkwürdig aussehender Mensch, und doch kann ich dir nicht sagen, was mir an ihm auffällt. Es ist eine verkehrte Geschichte von Anfang bis zu Ende. Ich kann ihn dir nicht beschreiben, und doch sehe ich ihn diesen Augenblick deutlich vor mir.«
Herr Utterson ging wieder eine Zeitlang stillschweigend dahin, augenscheinlich in tiefes Nachdenken versunken.
»Du bist also ganz sicher,« sagte er endlich, »daß der Mann einen Schlüssel hatte?«
»Mein liebster Utterson,« begann Enfield fast ärgerlich.
»Ja, ja,« unterbrach ihn Utterson, »ich kann mir wohl denken, daß dir meine Fragen seltsam erscheinen. Siehst du, Richard, ich frage dich eben nicht nach dem Namen desjenigen, der den Scheck unterschrieben hat, weil ich diesen Namen schon kenne. Die Geschichte hat mich mehr betroffen, als du glaubst; und deshalb bitte ich dich, wenn du in irgend einem Punkte deiner Erzählung nicht ganz genau gewesen bist, so laß es mich jetzt wissen.«
»Du hättest mir das vorher sagen sollen,« sagte der andere verstimmt. »Ich weiß jedoch, daß ich dir alles mit ziemlicher Genauigkeit erzählt habe. Der Kerl hatte einen Schlüssel und hat ihn heute noch. Ich habe erst vor einigen Tagen gesehen, wie er die Tür aufschloß.«
Herr Utterson seufzte tief, sagte aber kein Wort.
»Ich habe heute wieder eine Lektion erhalten,« sagte Enfield. »Ich schäme mich fast meiner Schwätzerei. Utterson, wir wollen uns vornehmen, nie wieder von dieser Geschichte zu sprechen.«
»Nie wieder,« sagte Utterson.
Sie reichten sich die Hände, und dann trennten sie sich.
II.
An jenem Abend kehrte Herr Utterson in einer sehr ernsten, trüben Stimmung in seine Junggesellenwohnung zurück. Er setzte sich zu Tisch, hatte jedoch keinen Appetit. Gewöhnlich verbrachte er den Sonntagabend mit der Lektüre irgend eines trockenen theologischen Werkes, bis die benachbarte Kirchenuhr zwölf schlug; dann legte er sich ruhig schlafen. An diesem Abend war es aber anders. Sobald der Tisch abgedeckt war, erhob er sich, nahm ein Licht und ging in seine Arbeitsstube. Dort öffnete er einen eisernen Schrank und nahm aus einer kleinen Schublade ein Dokument, auf dessen Umschlag geschrieben stand: »Doktor Jekylls Testament«. Mit tief gefalteter Stirn setzte er sich hin und las es aufmerksam durch. Das Testament war von des Erblassers eigener Hand geschrieben; denn Herr Utterson, obgleich er es in Verwahrung genommen, hatte sich auf das bestimmteste geweigert, bei der Aussetzung desselben behilflich zu sein. Das Testament bestimmte, daß nach dem Tode von Henry Jekyll, Dr. phil., Dr. med. usw. nicht nur sein ganzes Besitztum seinem »Freunde und Wohltäter Herrn Edward Hyde« vermacht werden sollte, sondern auch, daß, falls Doktor Jekyll auf unerklärliche Weise verschwinden oder länger als drei Monate von seinem Hause abwesend sein würde, der genannte Edward Hyde von dein Vermögen Besitz nehmen solle, und zwar »ohne jedwede Verhinderung, Belästigung oder Verpflichtung« außer der Zahlung einiger kleiner Beträge an die Dienerschaft des Doktor Jekyll.
Dieses Testament war Utterson längst ein Dorn im Auge gewesen. Es widerstrebte nicht nur seinem Rechtsgefühl als Advokat, sondern auch seinem gesunden Menschenverstand, dem alles Seltsame, Grillenhafte als etwas Unrechtes erschien. Bis jetzt war es die vollständige Unkenntnis von allem, was diesen Edward Hyde betraf, gewesen, die seine Entrüstung hervorgerufen – jetzt kannte er den Mann. Schlimm genug schon war es gewesen, als dieser Mann für ihn eben nur ein Name war, bei dem er sich nichts Besonderes vorstellen konnte. Nun aber war mit diesem Namen eine niederträchtige Handlung verbunden.
Aus dem schwankenden, dunklen Nebel, der dieses Wesen bis jetzt umschleiert hatte, sprang plötzlich die Gestalt eines Teufels hervor.
»Ich glaubte erst, es wäre Wahnsinn,« sagte er, als er das verhaßte Schriftstück in den Schrank zurücklegte, »jetzt fürchte ich, es ist eine Schandtat.«
Gleich darauf zog er seinen Ueberrock an und ging nach Cavendish Square, wo sein Freund, der berühmte Doktor Lanyon wohnte.
»Wenn irgend einer mir Auskunft geben kann, so ist es Lanyon,« sagte er sich.
Der alte, vornehm und feierlich aussehende Diener des großen Arztes empfing ihn mit üblicher Höflichkeit und Würde und führte ihn in das Speisezimmer, wo Doktor Lanyon nach dem Essen allein bei seinem Glase Portwein saß. Lanyon war ein kleiner, kräftiger, flinker ältlicher Herr, mit blühender Gesichtsfarbe und einer Unmasse von schneeweißem, lockigem Haar – laut, lebhaft und entschieden in seinen Manieren. Sobald Utterson in das Zimmer trat, sprang der Arzt auf, hielt ihm beide Hände entgegen und hieß ihn auf das herzlichste willkommen. Für Fremde hatte diese überfließende Freundlichkeit etwas Theatralisches an sich, aber sie beruhte in diesem Falle wirklich auf einer tieferen Empfindung. Die beiden waren alte Freunde von der Schule und Universität her, sie hegten die größte Achtung voreinander und – was sonst selbst unter diesen Umständen nicht immer der Fall ist – sie fanden großes Vergnügen darin, oft und lange zusammen zu sein. –
Nach einigen Worten über alltägliche Sachen brachte der Advokat die Unterhaltung auf den Gegenstand, der vor allem seine Gedanken beherrschte.
»Lanyon,« sagte er, »ich glaube, daß wir beide Henry Jekylls älteste Freunde sind.«
»Ich möchte, die Freunde wären ein bißchen jünger,« erwiderte Lanyon lächelnd, »ja, ich glaube, wir sind seine ältesten Freunde. Aber was bringt dich darauf? Ich habe ihn seit längerer Zeit nur selten gesehen.«
»In der Tat?« sagte Utterson. »Ich glaubte, eure gemeinschaftlichen Interessen brächten euch häufig zusammen.«
»Früher war dies wohl der Fall,« sagte Lanyon. »Aber ich will dir offen gestehen, Utterson, während der letzten Jahre ist mir Jekylls ganze Art und Weise ein Rätsel gewesen. Irgend etwas ist nicht ganz richtig mit dem Mann: ich weiß nicht, was es ist. Es scheint mir manchmal, als ob er seinen Verstand verlöre. Natürlich nehme ich noch immer großes Interesse an allem, was ihn betrifft, schon unserer alten Bekanntschaft wegen. Ich sehe ihn aber, wie gesagt, sehr wenig. Seine verkehrten Ansichten über wissenschaftliche Dinge würden allein genügen, um Dämon und Phintias zu verfeinden.«
Lanyon sprach diese letzten Worte in einem Tone ungewohnter Erregung, fast mit einer gewissen Gereiztheit aus.
Utterson fühlte sich etwas erleichtert.
»Ach,« sagte er sich, »sie haben sich über irgendeine wissenschaftliche Frage gezankt. Gott sei Dank, daß es nichts Schlimmeres ist.«
Nach einigen Minuten Stillschweigen fragte er Lanyon:
»Kennst du einen gewissen Hyde, einen Bekannten, einen ... Protégé von Jekyll?«
»Hyde?« wiederholte Lanyon. »Nein, ich habe nie von ihm gehört.«
Das war also alles, was Utterson erfahren konnte; alle Aufklärungen, die er mit sich nach seinem dunklen, einsamen Hause brachte. Schlaflos wälzte er sich die ganze Nacht in seinem großen Bett herum, von traurigen Gedanken, von furchtbaren Ahnungen gequält. Die Kirchenuhr schlug die sechste Morgenstunde. Bis dahin hatte er nur das wirklich Tatsächliche in Betracht genommen. Jetzt aber entrollten sich vor seiner erhitzten Phantasie Bilder, die ihn mit Grauen und Entsetzen erfüllten. Alles, was ihm Enfield erzählt hatte, stand jetzt hell und deutlich vor ihm wie ein Gemälde. Er sah die hellerleuchteten einsamen Straßen der großen Stadt; er sah die Gestalt eines Mannes, mit unheimlicher Hast dahinschreitend, er sah das Kind, das ihm entgegenlief; jetzt stießen sie aneinander – das Kind fiel, und das Scheusal schritt grausam über den schwachen Körper hinweg. Dann sah er ein großes, reich möbliertes Zimmer, dort lag sein alter Freund, Henry Jekyll, ruhig schlafend – und lächelnd in seinen Träumen – jetzt öffnete sich die Tür, die Gardinen des Bettes wurden zurückgeschlagen, der Schläfer erwachte, und vor ihm stand eine finstere Gestalt, die ihm befahl, aufzustehen und ihm zu folgen. – Diese Gestalt, erst in der Straße, dann in Jekylls Schlafzimmer, wich keinen Augenblick aus Uttersons Vorstellung. Er sah sie, wie ein wüstes Phantom, wie sie leise und unheimlich nachts durch die Häuser schlich; er sah sie, wie sie mit wilder Hast durch die nächtlichen Straßen eilte; an jeder Ecke kam ein kleines Mädchen gelaufen, das das Ungeheuer zu Boden warf und zertrampelte. Doch konnte er das Gesicht des Unholds nicht erkennen – die Züge verschwammen wie ein Nebelbild ...
Utterson konnte es nicht länger ertragen. Er sprang aus dem Bett, mit dem festen Vorsatz, nicht eher zu rasten noch zu ruhen, bis er Hyde gefunden habe. – Wenn er ihn nur einmal sehen könnte, sagte er sich, so würde sich das ganze Geheimnis aufklären, vielleicht ganz und gar verschwinden, wie dies so oft geschieht, wenn man sich nur Mühe gibt, einer Sache auf den Grund zu gehen. Er würde vielleicht etwas entdecken, was ihm Jekylls seltsame Zuneigung zu Hyde, oder das geheimnisvolle Band, das die beiden vereinigte, erklärte, das ein Licht auf Jekylls merkwürdiges Testament werfen könnte. Auf alle Fälle wollte er das Gesicht dieses Menschen ohne menschliches Gefühl sehen, das Gesicht, das selbst in dem ruhigen, phlegmatischen Enfield eine Empfindung unauslöschlichen Abscheus hervorgerufen hatte. –
Von diesem Augenblick an verging kein Tag, an dem Utterson nicht zu irgend einer Zeit in der Nähe der unheimlichen Tür zu sehen war. Er war dort morgens in aller Frühe, ehe er auf sein Bureau ging; er war dort in der Mittagsstunde im Gedränge der lebhaften Straße, und wieder des Nachts, wenn das blasse Mondlicht die nebelbedeckte Stadt gespenstisch erleuchtete. – Zu jeder Stunde, bei jedem Wetter sah man den Advokaten auf seinem Posten.
»Ich will ihn kennen lernen, und sollt' ich Jahre warten,« sagte er sich.
Endlich wurde seine Ausdauer belohnt.
Es war in einer schönen, kalten Winternacht; die Straßen waren rein gefegt, wie ein Ballsaal; die Laternen brannten hell, ihre Flammen, von keinem Winde bewegt, warfen die Schatten scharf und deutlich auf das Pflaster. Nach zehn Uhr, als die Läden geschlossen waren, wurde die kleine Straße recht still und öde – nur von fern hörte man das dumpfe Brausen der mächtigen Stadt. Selbst das kleinste Geräusch war in der nächtlichen Stille deutlich vernehmbar. Utterson war erst wenige Minuten auf seinem Posten, als er nicht weit von sich leise, eilige Schritte hörte. Er hatte sich während seines nächtlichen Wachehaltens an das eigentümliche Geräusch gewöhnt, das der regelmäßige Schritt eines Fußgängers in der Mitte der Nacht hervorruft; ganz deutlich und entschieden ist dieses Geräusch aus dem verwirrten, fernen Lärmen der Stadt herauszuhören. Doch noch nie zuvor war Uttersons Aufmerksamkeit so schnell und lebhaft erregt gewesen, wie in diesem Augenblick. Er fühlte, daß der Erfolg nahe war, und zog sich vorsichtig in das Dunkel der Sackgasse zurück.
Die Schritte kamen näher und näher, wurden lauter und lauter. Jetzt hörte Utterson, wie sie um die Straßenecke kamen, – jetzt sah er den nächtlichen Wanderer vor sich. Es war ein kleiner, gewöhnlich angezogener Mann. – Unbegreiflicherweise empfand der Advokat mit einem Male dasselbe Gefühl des Widerwillens, des Abscheus, das sich Enfields bemächtigt hatte. – Der Mann schritt quer über die Straße, gerade auf die bewußte Tür zu. Er nahm einen Schlüssel aus der Tasche – er war augenscheinlich zu Hause.
Jetzt trat Utterson aus dem Dunkel hervor und legte seine Hand aus des Mannes Schulter. »Herr Hyde, wenn ich nicht irre?«
Mit einem schlangenartigen Zischen wich Hyde einen Schritt zurück. Er faßte sich jedoch sofort, und ohne dem Advokaten ins Gesicht zu sehen, sagte er vollständig ruhig: »Das ist mein Name. Was wünschen Sie?«
»Ich sehe, Sie gehen in dieses Haus,« erwiderte der Advokat. »Ich bin ein alter Freund von Doktor Jekyll. Ich heiße Utterson, Rechtsanwalt Utterson in Gaunt Street; mein Name ist Ihnen gewiß nicht unbekannt, und da ich Sie gerade hier treffe, wollte ich Sie bitten, mich auch hineinzulassen.«
»Sie würden Doktor Jekyll nicht zu Hause finden, er ist verreist,« erwiderte Hyde. Er wollte jetzt die Tür aufschließen, schien sich aber plötzlich zu besinnen, und ohne den Advokaten anzusehen, fragte er: »Woher kennen Sie mich?«
Utterson ließ die Frage unberücksichtigt. »Herr Hyde,« sagte er, »wollen Sie mir einen Gefallen tun?«
»Was wünschen Sie?«
»Wollen Sie mich Ihr Gesicht sehen lassen?«
Hyde schien einige Augenblicke zu zögern; dann drehte er sich mit einem plötzlichen Entschluß um und sah Utterson trotzig und herausfordernd an. Es währte nur einen Augenblick.
»So,« sagte Utterson, »jetzt werde ich Sie wiedererkennen. Es könnte von Nutzen sein.«
»Ja,« sagte Hyde, »und da wir uns einmal getroffen haben, will ich Ihnen auch gleich meine Adresse geben.« Er nannte eine obskure Straße in Soho.
»Allmächtiger Gott!« dachte Utterson, »hat der am Ende dabei an das Testament gedacht?« Er verlor jedoch kein Wort darüber.
»Und nun,« sagte Hyde, »darf ich noch einmal fragen, woher Sie mich kennen?«
»Nach der Beschreibung.«
»Nach wessen Beschreibung?«
»Wir haben gegenseitige Freunde,« sagte Utterson.
»Gegenseitige Freunde? Und wer wären die?«
»Doktor Jekyll zum Beispiel.«
»Der? Der hat es Ihnen nicht gesagt,« brach Hyde mit großer Heftigkeit aus. »Sie lügen!«
»Herr,« sagte Utterson, »das ist eine Sprache, die Ihnen sehr wenig zusteht.«
Der andere antwortete mit einem höhnischen Gelächter, und mit unglaublicher Schnelligkeit hatte er plötzlich die Tür aufgeschlossen und war hinter derselben verschwunden.
Der Advokat blieb einige Minuten vor der Tür stehen, ein Bild der Angst und Unruhe. Dann ging er langsam und gedankenvoll die Straße entlang. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, strich sich mit der Hand über die Stirn, wie einer, der große innerliche Qualen leidet. Das Rätsel, dessen Lösung ihn peinigte, war kein leichtes. Hyde war ein kleiner, zwerghafter Mann. Er machte den Eindruck eines Verwachsenen, doch konnte man nicht sehen, wo das Gebrechen saß. Er hatte ein widerwärtiges Lächeln; sein Benehmen gegen Utterson war eine Mischung von verbrecherartiger Furcht und Frechheit; er sprach mit einer heisern, flüsternden Stimme; alles dies mußte jedermann gegen ihn einnehmen; aber es war dennoch nicht genug, um diesen namenlosen Abscheu, diesen Widerwillen, diese Furcht zu erklären, die Utterson in seiner Gegenwart empfand.
»Nein,« sagte er sich, »es steckt noch etwas dahinter – aber was ist es? Ich kann keinen Namen dafür finden. Der Mann hat nichts Menschliches an sich, er ist wie ein Gnom, ein böser Alp. Habe ich ein Vorurteil gegen ihn gefaßt durch Enfields Geschichte – oder ist es wirklich der Abglanz einer niederträchtigen, durch und durch gemeinen Seele, der sich in seiner Erscheinung widerspiegelt? Ja, das muß es sein! O, mein armer, alter Henry Jekyll, wenn je ein Mensch mit dem Siegel Satans gebrandmarkt war, so ist es dein neuer Freund, Herr Edward Hyde!«
Utterson hatte jetzt das Ende der kleinen Straße erreicht. Er bog um die Ecke und kam auf einen Square, der von schönen, alten Häusern umgeben war. Die meisten derselben hatten etwas von ihrem ehemaligen Glanze eingebüßt. Sie waren in verschiedene Wohnungen eingeteilt; einzelne Zimmer wurden möbliert vermietet, manche wurden als Ateliers, als Bureaus von Winkeladvokaten oder von Agenten zweifelhafter Unternehmungen und Geschäfte benutzt. Nur eins, das zweite von der Ecke – hatte sein reiches, vornehmes Aeußere bewahrt; es war augenscheinlich nur von einer Familie bewohnt. Trotz der späten Abendstunde ging Herr Utterson schnell und entschlossen an die schwere Tür und klopfte. Ein ältlicher Diener öffnete.
»Ist Doktor Jekyll zu Hause, Poole?« fragte der Advokat.
»Ich will gleich sehen, Herr Utterson,« sagte Poole, »bitte, treten Sie näher.« Er führte den Advokaten in die große, schöne Eintrittshalle des Hauses, die mit kostbaren Teppichen belegt und mit antiken, eichenen Möbeln ausgestattet, bei dem hellen Kohlenfeuer im offenen Kamin einen außerordentlich behaglichen und freundlichen Eindruck machte.
»Wollen Sie hier warten,« fragte Poole, »oder wollen Sie in das Speisezimmer gehen?«
»Ich warte lieber hier,« sagte der Advokat. Er ging an das Feuer und lehnte sich an den hohen Kamin. Diese Vorhalle war Jekylls Lieblingsaufenthalt. Auch Utterson pflegte zu sagen, daß es der gemütlichste Ort in ganz London sei. Aber heute abend, als er beim Feuer stand, fühlte er ein unheimliches, nervöses Zittern durch alle Glieder seines Körpers, das dämonische Gesicht Hydes kam ihm nicht aus den Augen; er hörte noch das teuflische Lachen, mit dem der unheimliche Geselle eben hinter der Tür verschwunden war – zum ersten Male fühlte er etwas wie Lebensüberdruß; drohend und verzerrt grinste ihm Hydes Antlitz aus den flackernden Flammen des Feuers entgegen. Er schämte sich fast, ein Gefühl der Erleichterung zu empfinden, als Poole zurückkam und ihm meldete, daß sein Herr nicht zu Hause sei.
»Ich sah soeben Herrn Hyde in das Hinterhaus gehen,« sagte er. »Er hat einen Schlüssel zu der Tür, die in den alten Seziersaal führt. Ist das in Ordnung, Poole, wenn der Doktor nicht zu Hause ist?«
»Ganz in Ordnung, Herr Utterson,« sagte der alte Diener, »ich weiß, daß Herr Hyde einen Schlüssel hat.«
»Ihr Herr scheint großes Vertrauen in diesen Mann zu setzen,« sagte Utterson nachdenklich.
»Großes Vertrauen,« sagte Poole, »wir haben alle Befehl, ihm unbedingt zu gehorchen.«
»Ich glaube nicht, daß ich Herrn Hyde je hier im Hause getroffen habe,« fuhr Utterson fort.
»O nein,« erwiderte Poole. »Er erscheint nie, wenn Besuch im Hause ist. Wir sehen übrigens auch wenig von ihm; er kommt und geht stets durch die Hintertür.«
»Gute Nacht, Poole!«
»Gute Nacht, Herr Utterson!«
Mit schwerem Herzen trat der Advokat seinen Heimweg an.
»Armer Henry Jekyll,« sagte er sich. »Er muß in arger Bedrängnis sein! Er war wild und ausschweifend, als er jung war. Aber der allgütige Gott hat das doch längst vergeben. Was kann es nur sein, das ihn an diesen Hyde kettet? Ist es das Gespenst einer alten Sünde? Ist es eine verborgene Schandtat, die ihm wie ein Krebs am Leben frißt? Ist es eine Strafe, die langsam, aber unabwendbar naht, nach Jahren, nachdem die Untat vielleicht schon aus dem Gedächtnis entschwunden?«
Dieser Gedanke machte den Advokaten ganz stutzig. Er warf einen Ueberblick über seine eigene Vergangenheit. Er quälte sich mit der Vorstellung, daß auch in seinem Leben irgendwo noch ein Vergehen, eine unwürdige Handlung verborgen sein könne, deren er sich nicht mehr erinnere. Wenigen möchte es vergönnt sein, mit solcher Ruhe, mit solchem Selbstbewußtsein das Vergangene zu betrachten, wie dem Rechtsanwalt Utterson. Doch in seinem strengen Selbsturteil dachte er an manches, was er lieber nicht getan haben möchte. – Er hatte alle Ursache, dem Allmächtigen zu danken, der ihm geholfen hatte, Versuchungen zu widerstehen, die ihn zu verschlingen drohten. Dann kam er wieder auf Jekyll und Hyde.
»Dieser Hyde,« sagte er sich, »muß auch Geheimnisse haben. Dunkle böse Taten, neben denen das Schlimmste, was Jekyll getan, wie das Sonnenlicht glänzt. Nein, es darf so nicht länger bleiben! Der bloße Gedanke an diesen Hyde, der sich wie ein Dieb an Henrys Bett schleicht, macht mich schaudern. Und das schlimmste ist, daß, wenn Hyde nur eine Ahnung von dem Inhalt des Testaments hat, er vielleicht ungeduldig wird. Ich muß und will der Sache aus den Grund kommen: es koste, was es wolle – wenn Jekyll mich nur läßt – ja,« sagte er gedankenvoll – »wenn Jekyll mich nur läßt.«
Und die seltsamen Verfügungen des Testaments traten ihm wieder deutlich und bestimmt vor die Seele.
III.
Ungefähr vierzehn Tage nach den eben erzählten Ereignissen gab Doktor Jekyll eines seiner gemütlichen Essen, die sich immer durch vortreffliche Küche, feine alte Weine und gute Gesellschaft auszeichneten. Utterson war noch geblieben, nachdem die anderen Gäste gegangen waren. Jekyll, ein großer, schöner Mann von etwa fünfzig Jahren, mit glatt rasiertem Gesicht, in dem sich ungewöhnliche Intelligenz und große Herzensgüte ausdrückten, war gern mit Utterson allein; er blickte mit unverkennbarer Zuneigung auf das ernste, ruhige Gesicht des anderen und genoß dessen beredtes Schweigen.
Endlich sagte Utterson: »Ich habe schon längst mit dir sprechen wollen, Jekyll, du weißt, wegen deines Testaments.«
Der Gegenstand schien Jekyll gerade kein angenehmer zu sein, doch erwiderte er scherzend: »Mein armer, alter Utterson, du hast einen bösen Klienten an mir. Mein Testament scheint dich ganz unglücklich zu machen, es ist dir ein Dorn im Auge, ebenso wie der alte, griesgrämige Pedant Lanyon sich über das, was er meine »wissenschaftliche Ketzerei« nennt, entsetzt. Du brauchst nicht so böse auszusehen. Ich weiß, Lanyon ist ein guter Kerl – trotzdem ist er ein Pedant, ein halsstarriger, geschwätziger Pedant. Ich habe mich sehr in ihm getäuscht.«
Ohne Jekylls Bemerkungen über Lanyon die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, fuhr der Advokat fort: »Du weißt, ich habe nie meine Zustimmung zu diesem Testament gegeben.«
»O, du sprichst schon wieder davon?« sagte Jekyll, »ich weiß, ich weiß,« fuhr er etwas gereizt fort, »du hast es mir wenigstens oft genug gesagt.«
»Und ich sage es dir noch einmal,« erwiderte Utterson, »mir ist etwas zu Ohren gekommen über diesen jungen Hyde.«
Jekylls schönes, großes Gesicht wurde blaß wie der Tod, seine Augen nahmen einen finstern, beängstigenden Ausdruck an. »Ich will über diese Angelegenheit nichts mehr hören,« sagte er. »Ich glaubte, wir wären überein gekommen, die Sache nicht weiter zu besprechen.«
»Was ich über Hyde gehört habe,« sagte Utterson, »ist etwas Schändliches.«
»Das geht mich nichts an,« erwiderte der Doktor, »ich werde mein Testament nicht ändern. Ich bin in einer sehr schwierigen Lage. Der Fall ist ein seltsamer, ein ungewöhnlicher. Es nützt nichts, noch weiter darüber zu sprechen.«
»Jekyll,« sagte der Advokat mit ungewöhnlicher Wärme und Herzlichkeit, »wir sind alte Freunde; du kennst mich, du kannst mir trauen. Sage mir alles, ich bin fest überzeugt, ich kann dich aus dieser mißlichen Lage befreien.«
»Mein lieber Utterson, du bist zu gut, wirklich zu gut. Ich kann keine Worte finden, um dir zu danken. Ich glaube dir; ich traue dir mehr als irgend einem – mehr als mir selbst. Aber laß nur, die Geschichte ist nicht so schlimm, wie du glaubst; quäle dein altes, treues Herz nicht damit. Soviel will ich dir zur Beruhigung sagen, ich kann mich Hydes jeden Augenblick entledigen – sobald ich es nur will. Darauf gebe ich dir meine Hand, und danke dir noch tausendmal. Und nun noch eines – doch das ist kaum zu erwähnen nötig – es ist eine Privatangelegenheit, laß sie zwischen uns beiden ruhen.«
Utterson blickte nachdenklich ins Feuer. Nach einigen Minuten stand er auf und sagte: »Vielleicht handelst du recht, Gott gebe es!«
»Und nun,« sagte der Doktor, »da wir hoffentlich zum letzten Male über diese Angelegenheit sprechen, möchte ich dich noch auf etwas aufmerksam machen. Ich weiß, du hast Hyde gesehen, er hat es mir gesagt, ich fürchte, er ist ungezogen gegen dich gewesen. Ich nehme aber ein großes, ein außerordentlich großes Interesse an allem, was ihn betrifft. Versprich mir, Utterson, daß, wenn ich sterbe, du ihm beistehst, ihm zu seinem Rechte verhilfst. Ich weiß, du würdest es tun, wenn du alles wüßtest; gib mir dein Versprechen, es wird mir eine große Last vom Herzen nehmen.«
»Ich kann ihn nie liebgewinnen,« sagte Utterson.
»Das verlange ich auch nicht,« sagte Jekyll. Er legte seine Hände auf des Advokaten Schultern und fuhr in ernstem, rührendem Tone fort: »Ich verlange nur Gerechtigkeit. Ich bitte dich, stehe ihm bei, um meinetwillen, Utterson, wenn ich nicht mehr bin.«
»Ich verspreche es dir,« sagte Utterson.
IV.
Beinahe ein Jahr darauf, im Monat Oktober 18.. wurde ganz London in Aufregung versetzt durch einen Mord, der mit außergewöhnlicher Brutalität verübt war, und der außerdem durch die hohe gesellschaftliche Stellung des Ermordeten ganz besonders Aufsehen erregte. Ein Dienstmädchen, das während der Abwesenheit ihrer Herrschaft allein ein großes Haus in der Nähe der Themse bewohnte, war gegen 11 Uhr abends in ihre Schlafstube gegangen. Es war eine schöne, ruhige Nacht; die kleine Straße, welche das Mädchen von ihrem Fenster aus übersah, war tageshell von dem glänzenden Lichte des Vollmonds beleuchtet. Das junge Mädchen hatte eine romantische Natur. Sie setzte sich an das offene Fenster und verfiel in träumerisches Nachdenken. Selten – wie sie vor Gericht unter strömenden Tränen aussagte – selten hatte sie sich so friedvoll, so ruhig, so glücklich gefühlt. Sie blickte die Straße entlang und sah, wie ein schöner, stattlicher alter Herr mit weißem Haar die Straße herauf kam. Aus der entgegengesetzten Richtung kam schnellen Schrittes ein anderer, ein untersetzter, gewöhnlich aussehender Mann, den sie zu Anfang nicht näher betrachtete. Die beiden begegneten sich gerade unter dem Fenster, an dem das Mädchen saß. Obgleich sie nicht hören konnte, was sie sagten, so konnte sie, dank dem hellen Mondlicht, ihre Gesichter deutlich erkennen. Das des alten Herrn hatte einen Ausdruck großer Vornehmheit und Güte. Er verbeugte sich höflich vor dem anderen und schien etwas zu fragen. Wahrscheinlich, wie das Mädchen später angab, hatte er sich verirrt und erkundigte sich nach dem richtigen Wege. Jetzt sah das Mädchen auch den kleinen, vierschrötigen Mann an und erkannte in ihm einen gewissen Herrn Hyde, der ihren Herrn mehrmals besucht hatte, und vor dem sie stets einen großen Abscheu empfunden. Hyde trug einen kurzen, dicken Stock, den er nervös in der Hand herumdrehte – er antwortete nicht auf die höfliche Frage des alten Herrn und schien ihn mit schlecht verhehlter Ungeduld anzuhören. Mit einem Male geriet er in eine furchtbare Wut – er stampfte mit den Füßen, schwang seinen Stock um sich und benahm sich überhaupt wie ein Rasender. Der alte Herr wich erstaunt und augenscheinlich beleidigt einen Schritt zurück. Auf einmal, ohne jede Veranlassung, streckte ihn Hyde mit einem wuchtigen Hieb seines Knüppels zu Boden. Dann sprang er mit affenartiger Wut auf den dahingestreckten Körper seines Opfers und trampelte darauf herum, als ob er ihn zu Brei zermalmen wollte. Bei diesem entsetzlichen Anblick wurde das Mädchen ohnmächtig.
Es war gegen zwei Uhr, als sie zu sich kam und die Polizei rufen konnte. Die Leiche des Ermordeten lag noch auf der Straße. Der Stock aus fremdländischem, hartem Holz, mit dem der Mord verübt, war zerbrochen – mit solcher Wut hatte das Ungeheuer geschlagen. Die eine zersplitterte Hälfte war in die Straßengosse gerollt, die andere hatte der Mörder mitgenommen. Eine volle Börse, eine goldene Uhr und Kette wurden an der Leiche gefunden – Raub war also nicht die Veranlassung des Verbrechens gewesen. In der Rocktasche des Ermordeten fand man einen versiegelten Brief, adressiert an den Rechtsanwalt Utterson, Gaunt Street, London; sonst nichts, was Auskunft über ihn geben konnte.
Ehe Utterson am folgenden Morgen sein Bett verlassen hatte, ließ sich ein bekannter Detektiv bei ihm melden, übergab ihm den Brief und erzählte ihm, unter welchen Umständen derselbe gefunden sei.
»Das ist eine böse Geschichte,« sagte Utterson, nachdem er einen Blick auf die Adresse geworfen; »ich will nichts sagen, bis ich die Leiche gesehen habe. Warten Sie gefälligst, bis ich angekleidet bin.«
Wenige Minuten darauf war er mit dem Beamten in einer Droschke auf dem Wege nach dem Zentral-Polizeibureau.
»Ja,« sagte er, sobald er die Leiche erblickte, »ich kenne ihn. Dies ist Sir Danvers Carew.«
»Ist es möglich?« rief der Polizist. Seine Augen glänzten vor Ehrgeiz, er sah eine große Gelegenheit sich auszuzeichnen. »Dieser Mord wird allgemeines Aufsehen erregen, Herr Utterson. Vielleicht können Sie uns helfen, den Täter zu entdecken.« In wenigen Worten erzählte er dem Advokaten, was das Mädchen gesehen hatte.
Eine gräßliche Angst überfiel Utterson, als er den Namen Hyde hörte – und als er den Stock sah, da blieb ihm kein Zweifel mehr. In dem zersplitterten Stück erkannte er einen Stock, den er vor vielen Jahren Jekyll geschenkt hatte.
»Ist dieser Hyde ein untersetzter Mann?« fragte er den Detektiv.
»Ein ganz kleiner, aber kräftig gebauter Kerl, wie das Mädchen sagt.«
Utterson sann einige Minuten nach; dann sagte er zu dem Beamten: »Wenn Sie mit mir kommen wollen, so glaube ich, kann ich Sie nach Hydes Wohnung führen.«
Es war jetzt ungefähr neun Uhr morgens. Nach der schönen, hellen Mondnacht hatte sich in den frühen Morgenstunden ein dicker, schmutzigbrauner Nebel wie ein Leichentuch über die Stadt gelagert. Die Droschke fuhr langsam und vorsichtig durch das Labyrinth von engen Straßen, die nach dem entfernten Stadtviertel Soho führen. Es ist ein schmutziger, ärmlicher Teil der Stadt, der selbst beim hellen Sonnenschein nicht sehr einladend aussieht. An diesem Morgen, unter dem unheimlichen Dunkel eines Londoner Nebels machten die kotigen Gassen, in die die Flammen der noch brennenden Straßenlaternen ein trübseliges Licht warfen, den Eindruck einer Gespensterstadt, wie man sie in einem wüsten Traume sieht.
Die Droschke hielt vor dem von Hyde angegebenen Hause, in einer engen Sackgasse, die vielleicht noch schmutziger und ekelhafter als die anderen war. Neben dem Hause war auf der einen Seite eine Schnapsspelunke, wo geschminkte und zerlumpte Frauenzimmer und Männer mit Verbrechergesichtern ein und aus gingen – auf der anderen Seite ein kleines, nicht sehr einladend aussehendes Restaurant. Blasse, in Lumpen gekleidete Kinder hockten hungrig und fröstelnd in den Haustüren. Dies also war die Wohnung von Henry Jekylls Freund, die Wohnung des Erben einer Viertelmillion Pfund Sterling.
Eine alte Frau öffnete die Tür. Sie hatte ein böses, widerwärtiges Gesicht, eine gelbliche, pergamentartige Hautfarbe; Heuchelei, Scheinheiligkeit und Tücke sprachen aus ihren kleinen, dunklen Augen. Herr Hyde sei nicht zu Hause, sagte sie; er wäre diese Nacht sehr spät heimgekommen und nach einer Stunde ungefähr wieder ausgegangen. – Das wäre nichts Außergewöhnliches, er führe ein sehr ungeregeltes Leben und wäre oft und lange abwesend; sie habe ihn gestern zum ersten Male seit zwei Monaten gesehen.
»Wir möchten gern seine Wohnung sehen,« sagte der Advokat, und als die Alte erwiderte, sie könne dies nicht gestatten, fügte er hinzu: »Machen Sie keine Umstände, Madame, der Herr ist der Inspektor Newcomen vom Zentral-Polizeibureau.«
Eine boshafte Freude drückte sich im Gesichte der Frau aus. »Ah,« sagte sie, »ist die Polizei hinter ihm her? Was hat er getan?«
Utterson und der Detektiv sahen einander an. »Er scheint nicht sehr beliebt hier zu sein,« sagte der Polizist. »Und nun, meine liebe Frau,« fuhr er zur Wirtin gewandt fort, »führen Sie uns in Herrn Hydes Wohnung.«
Mit Ausnahme der Zimmer, die die Alte und Hyde bewohnten, stand das Haus leer. Hyde hatte zwei große Stuben, die mit Geschmack, sogar mit Luxus möbliert waren. Er hatte sich einen guten Vorrat von feinen Weinen und Likören aufgespeichert, das Tafelgeschirr war von reinem Silber, das Tischzeug von feinem Leinen. Ein dicker, reicher Teppich bedeckte den Fußboden, einige wertvolle Gemälde hingen an der Wand – »wahrscheinlich Geschenke von Jekyll,« sagte sich Utterson. Das Zimmer sah an diesem Morgen sehr unordentlich aus. Es machte den Eindruck, als ob es jemand von unten bis oben durchstöbert hätte. Kleidungsstücke mit umgekehrten Taschen lagen auf dem Fußboden; die Schubladen der Kommoden und Schränke standen weit offen; im Kamin lag ein Haufen Asche von verbranntem Papier. Aus diesem zog der Detektiv einen Teil eines Scheckbuchs hervor, den das Feuer nicht verzehrt hatte; er fand auch die andere Hälfte des Stockes, mit dem der Mord verübt war. Bei einer Nachfrage auf der Bank stellte sich heraus, daß Hyde ein Guthaben von mehreren tausend Pfund dort hatte. Der Polizist war außer sich vor Freude über diesen unerwarteten Erfolg der Untersuchung.
»Ich habe den Kerl, Herr Utterson,« sagte er, »ich habe ihn jetzt fest. Er muß übrigens ganz und gar den Kopf verloren haben, sonst würde er sicherlich nicht den Stock zurückgelassen, oder, was noch wichtiger ist, sein Scheckbuch verbrannt haben. Denn Geld ist alles für ihn – es bedeutet Freiheit, Leben. Ich brauche jetzt nichts weiter zu tun, als sofort nach der Bank zu gehen und dort aufzupassen. Er wird nicht lange auf sich warten lassen.«
Im übrigen war es jedoch sehr schwierig, Erkundigungen über den Verbrecher einzuziehen. Der Herr des Dienstmädchens, das den Vorfall mitangesehen, hatte Hyde nur zweimal gesprochen. Angehörige oder Freunde konnte man nicht entdecken. Die wenigen, die ihn gesehen hatten, beschrieben ihn, wie dies in solchen Fällen gewöhnlich geschieht, ganz verschiedenartig. Nur in einem Punkte stimmten sie alle überein, das war der seltsame Eindruck des Verwachsenseins, den er machte, ohne daß man bemerken konnte, wo die Mißgestaltung war.
V.
Am Nachmittag desselben Tages ging Herr Utterson zu Doktor Jekyll. Poole empfing ihn und führte ihn durch die Küche über den Hof in das Hintergebäude, das dem Arzte als Laboratorium diente.
Jekyll hatte dieses Haus von einem berühmten Chirurgen gekauft, der den großen unteren Raum als Sezierzimmer und Vorlesungssaal benutzt hatte. Es war das erstemal, seit Jekyll das Haus bewohnte, daß Utterson in diesem Gebäude empfangen wurde. Ein unheimliches Gefühl des Fremdartigen bemächtigte sich seiner, als er durch die weite Halle schritt. Die Bänke, die in früheren Jahren von lernbegierigen Studenten gefüllt waren, standen leer. Die schweren Tische, auf denen sonst die zur Sektion bestimmten toten Körper lagen, erschienen ihm wie leere Särge, aus denen man die Leichen gestohlen; der Fußboden war mit zersplitterten Kisten und Stroh, das zum Einpacken chemischer Apparate gedient, bedeckt. Eine enge Treppe am Ende des Saales, durch einen roten Vorhang bedeckt, führte nach Jekylls Arbeitszimmer. Es war eine große niedrige Stube, rings mit Glasschränken vollgestellt, die mit Chemikalien und Apparaten gefüllt waren. – Ein großer Schreibtisch, mit Büchern und Manuskripten bedeckt, stand in der Mitte. Ein helles Kohlenfeuer brannte im Kamin, daneben stand ein großer, schöner Drehspiegel; drei Fenster mit starken Eisenstäben – dieselben, von denen Enfield gesprochen – gingen nach dem Hofe. Vor dem Feuer, krank und blaß wie der Tod, saß Doktor Jekyll. Er stand nicht auf, seinen Freund zu begrüßen – er hielt ihm seine kalte, feuchte Hand entgegen und hieß ihn mit schwacher Stimme willkommen. –
Sobald Poole das Zimmer verlassen, fragte Utterson: »Hast du es schon gehört?«